Mythen über Sexualität, die dich an dir zweifeln lassen

Wenn es um die Darstellung von Sex geht, gibt es seit Jahrzehnten keine Tabus mehr. Mainstream Medien und Werbung zeigen vermeintlich alles. Alles was dazu gehört. Die meisten Menschen meinen, dass damit das „Tabu“ Sexualität zum Thema zu machen schon längst gebrochen wäre.

Dabei redet niemand über die Sexualität von gewöhnlichen Menschen. Von Menschen, die nicht für ihre Darstellung bezahlt oder dazu gezwungen werden. Von Menschen, wie Du und Ich. Wie sieht Sexualität in alltäglichen Partnerschaften aus? Anders als im Fernsehen. Obwohl du das vielleicht schon weißt, sind die Erwartungen an Sexualität und Partnerschaften tiefer in unseren Herzen verwurzelt als wir uns eingestehen möchten.

Diese Erwartungen hinterlassen bei den meisten Menschen einen bitteren Beigeschmack von Unzulänglichkeit und Schuldgefühlen. Sie beginnen an der Beziehung und an sich selbst zu zweifeln, wenn ihre Partnerschaft und Sexualität nicht den gesellschaftlichen Anforderungen für ein richtiges Sexualleben entspricht.

Viele Frauen zermartern sich den Kopf und ihre Seelen, während sie sich selbst die Schuld an ihrem vermeintlichen Versagen geben. Irgendetwas stimmt nicht mit mir. Zu Beginn versuchen sie noch Lösungen zu finden.

Und was haben wir gelernt? Wo finden sich Lösungen? Im Außen. Expertenrat ist gefragt. Also werden manche Sachen ausprobiert.

Sich „inspirieren“ lassen von Filmen oder Büchern könnte helfen. Sich neue Unterwäsche kaufen. Es aufregend gestalten. Andere Stellungen ausprobieren. Irgendwer hat auch mal gesagt, dass ein Ortswechsel hilft. Also ab in die Waschgarage. Oder doch dafür sorgen, dass du ein besseres Körpergefühl hast. Yoga oder Selbstbefriedigung. Fasten und Sport bis der Bauch flach ist. Oder doch die Brüste vergrößern, verkleinern, verschönern.

All diese Versuche machen es meist nicht besser. Warum? All diese Ideen und Tipps sind Symptombehandlungen. Sie lösen die Ursache nicht.

Mit der Zeit schleicht sich dann eine Art Resignation ein. Sex ist anstrengend. Sex ist nicht mein Ding. Sex braucht mein Mann. Dann machst du halbherzig mit und irgendwann gehst du ihm ganz aus dem Weg. Jede Berührung lässt dich zusammenzucken, weil es zu mehr führen könnte. Manchmal machst du lieber deine Steuer als mit ihm ins Bett zu gehen. Manchmal fängst du auch unbewusst einen Streit an. So kommt er hoffentlich erst gar nicht auf die Idee sich dir zu nähern.

Es gibt viele „Sex sollte“ und „Sex müsste“ da draußen. Die „Sollte und Müsste“, die sich von Außen ihren Weg in unser Inneres gebahnt haben. Ein paar dieser Sollte-Erwartungen möchte ich jetzt mit dir anschauen.

Guter Sex sollte

Guter Sex oder gar Sex überhaupt sollte immer Geschlechtsverkehr beinhalten.

Das ist eine Vorstellung, die tiefer in uns eingebrannt ist wie ein Tattoo auf der Haut (jedenfalls stelle ich mir das tief vor. Ein Tattoo habe ich nicht 😉).

Für viele fühlt es sich an, als wenn sie keinen „richtigen“ Sex hätten, wenn sie keinen Geschlechtsverkehr haben. Für manche ist das so ein fremder Gedanke, dass sie davon überzeugt sind, dass in einer Beziehung etwas nicht stimmt, wenn es keinen Geschlechtsverkehr gibt. Aber: Wer sagt das?

Wie kommst du darauf? Wie kommen wir darauf?

Wir sehen es als eine Selbstverständlichkeit ohne sie jemals hinterfragt zu haben. Ähnlich einer Gleichung. Sex = Geschlechtsverkehr.

Alles was davor, dazwischen, danach passiert wird als Vor- oder Nachspiel bezeichnet, was den Eindruck verstärkt, dass Geschlechtsverkehr Sex an sich ist.

Sex ohne Geschlechtsverkehr zählt nicht. Ist kein Sex.

Guter Sex sollte mit einem Orgasmus enden

Wir kennen die Szenen zu Hauf. Zwei begegnen sich. Sie haben eine Art Vorspiel, die einer Inszenierung gleicht. Beide sehen perfekt aus. Beide wissen genau was sie tun. Jeder Handgriff, jede Bewegung stimmen sich aufeinander ab. Kein Wort wird gewechselt (jedenfalls keines das sich auf das Geschehen bezieht. Das dem Gegenüber Hinweise gibt. Das brauchen sie ja nicht. Wenn man „richtigen“ Sex hat, spürt man was der andere mag). Irgendwann passiert es dann: Geschlechtsverkehr und boom. Sie hechelt, er ist stolz und beide erleben ein Feuerwerk.

Wie oft hast du solche Szenen schon gesehen? Wie oft hast du solche Szenen schon gelesen?

Unzählige Male.

So kommt es ganz automatisch dazu, dass diese Erwartung für dich keine bewusste Erwartung an Sex ist. Es ist eher eine Selbstverständlichkeit. Etwas „Normales“.

Normal ist, wenn man Sex hat im Sinne von Geschlechtsverkehr. Normal ist, wenn man (mindestens) einen Orgasmus erlebt hat. Wenn nicht. Dann ist die Enttäuschung groß. Besonders Männer fühlen diesen Leistungsdruck. Für sie ist es eine Selbstverständlichkeit, dass sie dafür sorgen „müssen“, dass ihre Frau zum Orgasmus kommt. Für uns Frauen ist es auch normal. Wenn der Partner nicht weiß, wie er einen befriedigen kann, dann stimmt etwas nicht:

1 Nicht mit mir

2 Nicht mit ihm (so langsam müsste er wissen, was mir gefällt)

3 Nicht mit unserer Beziehung

Guter Sex sollte fließen

Guter Sex sollte ohne Worte funktionieren

Wie oben schon erwähnt scheint es aufgrund unserer Sozialisation normal zu sein oder erstrebenswert, wenn man beim Sex nicht darüber reden muss, was da gerade passiert. Dein Partner sollte fühlen, was du möchtest. Wenn wir uns wirklich lieben, dann sollten wir beide spüren, was dem anderen gerade guttut. Darin zeigt sich doch eine tiefe Verbindung und wahre Liebe.

Sex ist kein guter Sex, wenn es mal eine Pause gibt. Wenn es mal ruckelt oder mal hakt. Es sollte fließen. Ganz einfach. Ganz natürlich. Ohne Worte. Ohne Mühe.

(Übrigens Sex kann auch fließen. Nur anders als du es dir vorstellst. Anders als es uns weis gemacht wurde)

 Wir haben Sexualität zu einem leistungsorientierten Erlebnis gemacht. Zu einem Erlebnis, das wir an Äußerlichkeiten messen. Am Aussehen, am Geschlechtsverkehr, am Orgasmus, an der Anzahl der Orgasmen, an den Geräuschen, die vor allen Dingen, die Frau bitte von sich geben sollte. In schön bitte. Nicht zu laut. Nicht zu leise. Am besten ein Hauch. Wir haben Sexualität zu einer Performance gemacht. Zu einem Erlebnis mit einem bestimmten Ablauf und einem konkreten Ziel. Alles andere zählt nicht. Eigentlich haben wir aus dem Erlebnis ein Ergebnis gemacht.

Sex ist kein Sex, wenn nicht..

Ohne Sollte und Müsste geht es im Leben generell einfacher. Lass diese Vorstellungen los und erkenne, was wirklich aus dir heraus entstehen möchte.

Wenn du beim Lesen etwas für dich gesehen hast, teile deine Gedanken gerne in den Kommentaren mit mir. Wenn du Fragen hast, Zweifel oder Widerstände spürst- Ich bin für dich da: ramona@ramonabehling.com. (Guck beim Warten auf meine Antwort bitte im Spam-Ordner nach. Dank meinem Thema, landen meine E-Mails dort leider oftmals).

Alles Liebe zu dir.

Von Herzen,

Ramona

Kategorien: Allgemein

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